Der typo­grafische Kanon

von Christoph Koeberlin

Als »Kanon der Literatur« wird vor allem in der Philologie traditionell eine Zusammenstellung von Büchern bezeichnet, deren Kenntnis vorausgesetzt wird und die somit eine Wissensgrundlage bilden. Zuletzt war es Marcel Reich-Ranicki, der 2001 mit seinem Kanon lesenswerter deutschsprachiger Werke den Begriff des Kanons aus seiner Nische holte und ins Licht der Öffentlichkeit rückte.

Mir gefiel der Gedanke, den desorientierten (potentiellen) Leser an die Hand zu nehmen und ihm eine handliche Auswahl an Büchern ans Herz zu legen, deren Lektüre ein solides Fundament auf dem Feld der Typografie bildet. Doch geht das überhaupt?

Ja – aber nicht allein! Ich messe meiner eigenen Auswahl nicht so viel Bedeutung bei, um sie als allgemeingültig zu bezeichnen. Deshalb habe ich mir Verstärkung geholt und die Frage den Typografie-Experten des deutschsprachigen Raums vorgelegt – mit faszinierendem Ergebnis! Denn die einzelnen Listen könnten unterschiedlicher kaum sein. Jede für sich bietet einen ganz individuell geprägten Zugang zu den Kernbereichen der Typografie, und in ihrer Gesamtheit entfalten sie erst die Pracht eines wahren Kanons.

»Ich find’ Bücher albern … die man nicht mit in die Badewanne und an den Strand nehmen kann. Ich halte das Buch für das Medium der Zukunft.«

Ich habe nach der jeweils persönlichen Top-5-Liste gefragt; »Was mir am Herzen liegt, sind fünf Bücher, die einen möglichst breiten, fundierten Überblick vermitteln. Also sozusagen fünf Bücher, die alles beinhalten, was man wissen muss (so weit so etwas möglich ist).« und bewusst alles andere offen gelassen. Ich bedanke mich herzlich bei meiner Expertenrunde, deren Teilnahme den Kanon der Typografie erst möglich gemacht hat!

Der Typefacts-Kanon der Typografie

  • Bücher machen · Jost Hochuli
    Schrift gehört ins Buch, und was es mit dem Buch und der Schrift darin auf sich hat, erklärt Jost Hochuli auf höchst angenehme Weise.
  • Buchstaben kommen selten allein · Indra Kupferschmid
    Indra Kupferschmid gelingt ein Paradoxon: Eigentlich braucht man nach der Lektüre kein weiteres Typografie-Buch mehr zu lesen, man will es aber um so mehr.
  • Detailtypografie · Friedrich Forssman, Ralph de Jong
    Das Standard-Nachschlagewerk zur Typografie, monumental und praxisnah. Es gibt keine Frage, auf die man hier keine Antwort findet.
  • The Elements of Typographic Style · Robert Bringhurst
    Ein typografischer Rundumschlag im handlichen Format, von Makro bis Mikro, von damals bis heute, von der »uninspired pretzel« bis zur »overdressed printing hand«.
  • Typolemik / Typophilie · Hans Peter Willberg
    Mit seinen Schmähungen (Typolemik) und Liebeserklärungen (Typophilie) haucht Hans Peter Willberg der oft trocken daher kommenden Typografie Leben ein.

Alle auf Typefacts empfohlenen Bücher findest du auch nochmals in einer großen Übersicht.

Der Kanon der Typografie, komplettiert durch …

Michael Bundscherer

Friedrich Forssman

Ivo Gabrowitsch

Florian Hardwig

Ralf Herrmann

Jost Hochuli

Indra Kupferschmid

Frank Rausch

Dan Reynolds

Jürgen Siebert

Erik Spiekermann

Roland Stieger

Martin Tiefenthaler

Paul Shaw

Ferdinand P. Ulrich